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Welt der Erde/Menschgewerk

Ich betrachte die Menschen: Unterwegs auf den Straßen oder sitzend in den Bars und versuche mir vorzustellen, wie sie sich verhalten würden, wenn ein Krieg losbrechen würde. Diese zwanghaften Fantasien habe ich nicht erst, seit "Krieg" ein Wort geworden ist, dass etwas beschreibt, was in meiner unmittelbaren Nähe stattfindet und nicht mehr, wie lange davor viele tausend Kilometer entfernt oder lang vergangen in Büchern und Filmen festgehalten wurde und damit zu einer Art Mythe geworden ist.  Die Fantasien sind näher an die Wirklichkeit gerückt. Mit einer sich stetig steigernden Unruhe sinniere ich über die Wehrhaftigkeit der in einer sicheren Welt aufgewachsenen Bürger, die bei aufkommendem Hunger einfach in den Supermarkt gehen können und bei ganz schlimmem Durst, wissen, dass man das Wasser aus der Leitung trinken kann. Und ich überlege, wie diese Menschen reagieren würden, wenn eine Armee in die Stadt einmarschiert: Olivgrüne LKW rollen durch die Straßen und verkünden übe
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Abfackelung/Tot durch Tod

Eine Horde kleiner Kinder, vielleicht gerade in die Schule gekommen, läuft den Fußweg entlang. Alle tragen diese neonfarbenen Schutzwesten, die von Verkehrsvereinen nach Sicherheitsschulungen verteilt werden. Als ich ein Kind war und so eine Schulung bekam, schenkte man uns lediglich Mützen und diese waren nicht mal neon-farben. Die Kinder tippeln also heran und eine ihrer Betreuerinnen spricht zu ihnen über einen Film. Sinngemäß sagt sie: " Wenn ihr alt genug seid, schaut euch mal einen Film an. Da kommt ein roter Ballon drin vor. Und danach wollt ihr keinen Ballons mehr auf der Straße hinterher rennen." - zunächst verstehe ich nichts, sehe dann aber einen blauen Luftballon zwischen zwei Autos liegen. Die Kinder wollten ihn wohl aufheben, bzw. ihm nachlaufen.  Aber warum versucht die Erzieherin die Kinder davon abzuhalten, in dem sie von einem Film erzählt, den die Kinder noch nicht gesehen haben? Ich bin erstaunt über diese pädagogische Maßnahme, die sich auf zukünftiges be

Rauchen im Raumschiff/Klingeln im Bauch

Ich stehe auf einem Fußweg und halte den Kopf in die Sonne. Für einen Moment erinnere ich mich an die Kräfte des Frühlings, die Freuden der Erwärmung. Diesmal aber werden diese Empfindungen anstatt nach ein paar Tagen, schon nach zehn Sekunden abgelöst durch die Vorstellung einer brennenden Sonne unter der ich dahinkrieche. Es ist durchaus möglich, dass diese Vorstellung das angenehme Gefühl nicht komplett ersetzt, sondern beide einfach gleichzeitig vorhanden sind. Und das gilt es dann auszuhalten.  So wie für den Jahresanfang typisch, ein recht warmer Tag zu Ende gehen kann, den man draußen verbracht hat, an dem man durch die Landschaft gelaufen ist und die Wärme auf der Haut und das Betrachten der sich verändernden Vegetation des noch nicht komplett toten Waldes (80% der Wälder in Deutschland sind krank oder tot) ausreichen, um zufrieden zu sein. Geht dieser Tag dann zu Ende, kehrt mit der Dunkelheit eine Kälte zurück, die schon fast vergessen war, obwohl sie doch vor zwei Wochen noc

Warntöne/Nebelglänzer

Nach einer Saufeskapade am Fluss entlang: Die Sonne bewegt sich hinter einer sanften Nebelwand langsam nach oben. Die Einfachheit und Stille der Natur, tropft beständig in das schwammig alkoholisierten Gehirn. Die Scham des Trinkers ist noch ein paar Stunden entfernt, aber ich rede bereits halb laut bereits über dass, was in mir entsteht: Erkenntnisse über die Verhältnisse zwischen Menschen und mir, Ängste, die Schönheit des Morgens...dann bleibe ich mit dem Vorderrad in einem den Weg begrenzenden niedrigen Strauch hängen und stürze nach vorn auf den Boden. Ich hänge halb in dem Strauch und gebe eine Geräuschmischung aus Lachen und Stöhnen von mir. Ein Vorbeifahrender erkundigt sich danach, ob es mir gut geht. Ich gebe ein "ja, schon okay" von mir und bin unerwartet gerührt von dieser solidarischen Nachfrage des Fremden. Gleichzeitig deute ich bereits den Sturz und nehme mir vor, den Rest des Weges zu schweigen. Der Tag vergeht im Halbschlaf und ich beobachte einen Alligator

Mondlichtritt/Trottoirtour

Ich gehe in einen Nebenraum, um meinen Pullover auszuziehen, der inzwischen schon einige Löcher bekommen hat. Ich trage ihn trotzdem, denn er hält warm. Aber genau deshalb will ich ihn jetzt ablegen. Denn der Hauptraum aus dem ich komme, ist nicht nur gut ausgeleuchtet, sondern auch ordentlich beheizt. Während ich durch die Tür in das Nebenzimmer trete, bemerke ich einen Mann, der im hinteren Teil des Raumes mit den Armen nach vorn an die Wand gestützt steht. Vor ihm auf dem Heizkörper sein Telefon. Er hört einer Person zu. Ich höre unweigerlich, was der Mensch am anderen Ende der Leitung - gehen Telefongespräche überhaupt noch durch Leitungen oder inzwischen schon komplett durch die Luft? - berichtet. Es ist die Stimme einer älteren Frau, schwach, brüchig und im Klang schwingt Schmerz mit. Sie spricht davon, dass es nicht geht, dass es brennt wie Feuer. Und der Mann spricht von einem neuen Termin, den "wir" nochmal ausmachen und dass dann noch einmal gemeinsam gefeiert wird

Riechen wollen/Wie andere Leben

Zwei mit Müll gefüllte Regentonnen wackeln auf dem LKW sanft hin und her. Wir entfernen uns von einer Garage, die wir entrümpelt haben und in der 8 Wolfsspinnen wohnen und nähern uns einem der Wertstoffhöfe dieser Stadt. Wie immer sind wir dem Bediensteten-Roulette auf diesen städtischen Höfen unterworfen. Bei meinen letzten Besuchen hatte ich Glück und bin immer an den netten, mit einem merkwürdigen zwischen brandenburgisch und hanseatisch mäanderdem Akzent rundlichen Typen geraten, der weiß, was er tut, es einen aber nicht permanent spüren lässt. Diesmal aber sehe ich den Branseaten nicht. Stattdessen nähert sich ein Hofarbeiter der bereits heruntergekurbelten Scheibe auf der Fahrerseite und gibt ein Geräusch von sich, dass vor langer Zeit mal ein "Guten Tag, was haben Sie denn dabei?" gewesen sein muss, nach Jahren der Arbeit hier aber auf einen kurzen tonalen Laut zwischen "hmpf" und "uh-hum" reduziert wurde. Denn macht das denn noch einen Unterschi

Garaus/Windrinde

Ein Wildschwein rennt durch die Straßen. Es hat auf seinem Rücken langes Fell, dass mindestens genauso hoch wie es selbst nach oben aufgestellt ist, eigentlich so aussieht, als sei es geföhnt und an den Kanten ganz sauber geschoren und in die Form eines Quaders gebracht. Das Schwein wird von Hunden gejagt und der Fellquader auf seinem Rücken verwandelt sich in einen weiteren Hund. Die Menschen dort greifen nicht ein. Ich bemerke, dass ich meine eigene Hand halte. Ich bin nicht verängstigt, versoffen oder verzweifelt, erinnere mich aber an Momente, in denen ich in solchen Zuständen erwachte und mir selbst versuchte durch sanftes reiben der Oberarme Halt zu geben, mir selbst die Hand hielt, um nicht allein zu sein mit der Übelkeit und den pergamentenen Zuständen, in denen sich Körper und Geist nach Feierein befinden.  Aber schon Baron Münchausen wusste, dass er sich und sein Pferd nicht an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen konnte und auch ich bin mir klar, dass mein Mir-Selbst-Die-